Oh, wie schön ist Panama – Costa Rica II

Jeder Meter leistet seinen kleinen Beitrag zu unserem ehrgeizigem Gesamtprojekt „Trio for Rio“. Der aktuelle Meter ist genauso wichtig wie der vergangene oder der kommende Meter. Am Ende, in Rio de Janeiro, ist unsere gesamte Reise zusammengesetzt aus vielen kleinen Metern, aus vielen kleinen Streckenabschnitten welche, ähnlich wie ein Mosaiksteinchen ein Bild vollkommen macht, unsere Reise zu einem Gesamtbild verhilft und bunt und einzigartig werden lässt.

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Haus eines Fischer auf der Halbinsel Nicoya.

Die letzten 2 Wochen waren voller positiver Überraschungen, tollen Begegnungen, nervigen Viren und unvorhersehbaren harten Streckenabschnitten. Wir verlassen den bezaubernden Playa del Coco, verabschieden uns von unseren Gastgebern Jim und Sina und finden uns auf dem stürmischem Highway 21 wieder, welcher uns die Nicoya-Halbinsel runterführt. Die Menschen hier in Costa Rica und später in Panama freuen sich jedesmal dermassen unser Dreigespann zusehen, dass es uns schon beinahe ein bisschen zu viel wird. Wie oft wir inzwischen „Hola“, „Hello“, „Hi“, oder „Adios Amigos“ gesagt haben, wie oft wir winken durften, den Arm zum Gruß gehoben haben oder auf einen kleinen Schwatz anhalten mussten, können wir nicht zählen, die Begeisterung ist einfach gigantisch, Kinder stellen neugierig ihre Fragen und wollen Antworten, alles sehr harmonisch und sehr authentisch. Die Autofahrer hupen uns vor lauter Euphorie manchmal beinahe von der Piste, wir bekommen Süssigkeiten, Geld, Wasser und Früchte etc. aus den Autos gereicht, tolle Gesten, einmaliges Zentralamerika. Wer bei uns  in Deutschland den Mädels hinterher pfeift gilt schnell als Prolet, hier im Herzen Zentralamerikas ist die Sachlage etwas anders, hier  wird jedem egal ob Mann oder Frau nachgepfiffen, ein Pfiff erspart auch den Gruss, daher werden wir zigmal am Tag „angepfiffen“. Andere Länder, andere (witzige) Sitten.

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Stürmische See, die Fähre kommt. Kann uns aber leider nicht mitnehmen…

Um von der Nicoya-Halbinsel wieder aufs Festland zu gelangen wollen wir eine kleine Fähre nehmen, es stürmt wie die Hölle und beim Anlegen kracht die Fähre dermassen auf den Pier, dass dieser danach zerstört ist und der Hafen seinen Betrieb einstellen muss. Ja, da stehen wir dumm da, man kann sich einfach auf kein anderes Verkehrsmittel wie das gute, alte und stets treue Fahrrad verlassen. Nach einer 30km Schotterpistenfahrt gelangen wir zu einer anderen Fähre, welche uns am Abend sicher aufs Festland nach Puntarenas bringt.

Der Küstenhighway 34 ist Anfangs noch bergig, später wird er komplett flach und sogar der Wind unterstütz uns und bläst sanft von hinten. Begleitet von grossen Piratenpapageien geht es vorbei an wunderbaren Stränden wie der „Playa Hermosa“ oder der „Playa Dominical“, wo wir unsere Zelte direkt am Pazifik aufschlagen und ein zauberhaftes Strandambiente vorfinden, ein Traum nicht nur für Surfer und Sonnenanbeter. Aber nicht nur die Palmenstrände in Costa Rica begeistern, auch unsere Lager am Rande des Regenwaldes/Dschungels haben ihren Reiz, i.d.R. finden wir immer einen einladenden Fluss oder gastfreundliche Menschen welche uns im Vorgarten übernachten lassen.

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Wir zelten am Playa Hermosa.

Nach gut 300 Tagen auf den Strassen dieser Welt sind wir inzwischen absolute Experten was Zelt- und dazugehörige Badeplätze anbelangt. Aufbauen, schlafen, abbauen und unser komplettes Equipment wieder auf die zuverlässigen TX-1000 Räder der Fahrradmanufaktur verfrachten ist nach einer solangen Zeitspanne absolut Routine und jeder Handgriff sitzt. In der Zwischenzeit passen wir an wilden Badestellen allerdings vermehrt auf, von den zahlreichen Krokodilen welche sich an den Flussufern tummeln wollen wir keinem allzu nah kommen. Es war eine gute Entscheidung, die heimatliche Komfortzone vor gut 10 Monaten zu verlassen, das Leben spielt sich draussen ab und nicht vor dem Fernseher, der Spielekonsole oder dem Computer. Der erste Schritt ist der wichtigste, alles andere kommt von alleine. Schnapp dir ein Fahrrad und zieh los! Wir brauchen so wenig zum leben, reduzier dich und beschränke dich auf das nötigste zumindest für eine Weile, es lohnt sich.

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Nicht nur wir baden gerne in Flüssen. Hier in Costa Rica gibt es unzählige Krokodile.

Ja, was die Krokodile nicht geschafft haben, haben die Moskitos hinbekommen. Irgendwo sind Sandro und Julian zu ihren Opfern geworden und die nächsten Tage waren mit Schüttelfrost, Gliederschmerzen und Fieberträumen die reinste Quälerei. Denque-Fieber und Zika-Virus lassen grüßen, nur einen effektiven Schutz vor den schwirrenden Quälgeistern gibt es leider nicht, wir können uns ja schlecht 24 Stunden verkriechen. Da die Temperaturen auch in der Nacht nicht unter 27°C fallen und die Durchlüftung in den Zelten eher wenig effektiv ist, zogen sich die Tage lange hin, erst nach 4-5 Tagen war der Spuck vorbei und die Tage wurden wieder leichter. Wenn einer eine Reise tut….

Eine grosse Überraschung kommt aus der schwäbischen Heimat, unsere Eltern besuchen uns Anfang April auf den Galapagosinseln, eine feine Sache. wir freuen uns sehr auf die 8 gemeinsamen Tage im Naturparadies Ecuadors mit euch, damit haben wir nicht gerechnet.

Nach 11 Tagen verlassen wir Costa Rica und sind voller Begeisterung für dieses Land, unglaublich schöne, abwechslungsreiche Natur, viel Platz für Aktivitäten und tolle Strände um die Seele baumeln zu lassen. Wären die Preise nicht ganz so hoch, würde Costa Rica mit Sicherheit ganz vorne auf unserer Länderliste stehen. Mit 12.46€ p.P/Tag haben wir die Kosten zwar kleingehalten, haben aber auch sehr einfach gelebt und z.B. nie für Übernachtungen gezahlt und auch Restaurantbesuche wurden komplett eingestellt.

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In Costa Rica gibt es viele Papageien.

Eure Zahlungen an die GEZ könnt ihr übrigens mit gutem Gewissen einstellen!! Wir haben, wie im letztem Bericht erwähnt, einige Anfragen an die ARD und ZDF gesendet um über die beiden Sender, welche immerhin live von den Olympischen Spielen berichten werden, eventuell in die Wettkampfarenen zu gelangen. Von 15 Emails kam nichts zurück, ausser irgendwelchen unpersönlichen Standardabsagen, enttäuschend.

Die Enttäuschung hält allerdings nicht lange an! Eine Email der Deutschen Sport Marketing Agentur findet den Weg in unser Postfach und wir werden offiziell ins Deutsche Haus, in den Barra Blue Beach Club, in Rio de Janeiro während den Olympischen Spielen eingeladen!!!! Wir sind also mittendrin im Treffpunkt der deutschen Athleten und freuen uns auf Persönlichkeiten aus Sport, Wirtschaft, Politik und Entertainment im Herzen Rios. Danke an Frau Nadine Lehr und an den DOSB für das weiterleiten unserer Email, wir freuen uns sehr auf unseren gemeinsamen „Treffpunkt Rio“!

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Gegenwind, breite Strassen. Zur Abwechslung ist es hier aber mal flach.

Bis Rio ist es allerdings noch ein weiter Weg, doch beflügelt mit diesem  neuem Highlight, dem Besuch des Deutschen Hauses in Rio, fahren wir, nach genau 17.000km, über die Grenze nach Panama, unserem Land Nr. 16. Wer kennt ihn nicht den Kinderbuchklassiker „Oh, wie schön ist Panama“ von Janosch, wo der kleine Bär, der kleine Tiger und dessen Tigerente auf der Suche nachdem Glück sind? Und jetzt sind wir also in Panama und geniessen das letzte Land auf zentralamerikanischen Boden. Panama wird als das Land des Gegenwindes, zahlreicher Hügel und super ausgebauten Strassen lange in unseren Erinnerungen bleiben.

Die letzten Tage bis Panama City waren sehr zäh und lang, allerdings spürten wir auch noch die Nachwehen unserer Viruserkrankung und waren nicht voller Energie und Konzentration, am Abend fallen wir daher fix und fertig in unsere Zelte.

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Von der Isar, Neckar, Themse bis an den Panama Kanal.

Gestern am Tag 302 unserer Reise haben wir also den Panamakanal überquert, gut 17556Km liegen zwischen der bayrischen Isar bzw. zwischen unserem schwäbischen Neckar und dem weltberühmten Kanal von Panama, wir haben nach 973 Stunden im Sattel eine Verbindung hergestellt, auf dem Fahrrad wohlgemerkt!!! Da uns der Gedanke, den Panamakanal auf dem Fahrrad überquert zu haben so begeistert, überqueren wir ihn gleich nochmals, sicher ist sicher. Jetzt haben wir eine Überquerung an der „Puente de Centenario“ und der „Puente de las Americas“ zu Buche stehen. Den Eintritt für die Schleusen des Kanals sparren wir uns allerdings, mit 15U$ p.P. der absolute Wucher, sollten die Betreiber an ihrem Geld ersticken und Pauschaltouristen abzocken, ein TrioforRio spielt da nicht mit.

Noch bevor wir in Panama City im Hostel, El Machico, einchecken, zischt Julians Schlauch zum neunzehnten Mal!!!! Die Goldmedaille ist ihm bis Rio kaum noch zu entreissen, Nico und Sandro liegen beide bereits 6 Plattfüsse zurück.

Heute geniessen wir einen Ruhetag in Downtown Panama City, das Zentrum ist äusserst modern und steht anderen Weltmetropolen ins nichts nach. Aber auch historisch muss sich Panama City nicht verstecken, die kleinen Viertel sind fein rausgeputzt und sind stolze Zeugen einer vergangenen, prächtigen Zeit mit oder ohne spanischer Kolonialherren.

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Julian, Sandro und Nico in Panama City.

Noch knapp 120 Kilometer werden wir in Panama auf unseren Rädern sitzen bevor wir 5 Tage ins karibische Meer stechen und den Fluch der Karibik neu verfilmen. 5 Tage schippern wir also auf einem kleinem Segelboot von Carti/Panama nach Cartagena/Kolumbien und umgehen somit den „Darien-Gap“, welches für Radfahrer unpassierbar ist und wir durch die karibische See segeln „müssen“, wir haben es auch nicht leicht.

Bis bald auf südamerikanischen Boden, Columbia is calling!

Sonnige Grüße aus Panama City,

Julian, Nico und Sandro.

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