Wir wollen kein Geheimnis draus machen, aber in den letzten Wochen kriselt es in unserer kleinen Radgemeinschaft und zwar ordentlich. Die verbale Kommunikation ist die einfachste und effizienteste Methode unter Menschen sich mitzuteilen und um seine Bedürfnisse, Wünsche und Ideen etc. zum Ausdruck zu bringen. Leider klappt dies in unserem Team immer weniger, was Nico und ich zu viel reden, redet Sandro definitiv zu wenig, dies ist Sandro bewusst und er weiss auch das dies oft zu Missverständnissen und Unklarheiten bei Nico und mir führt. Das Problem an der ganzen Sache ist eigentlich ganz einfach, wer nicht redet, dem kann dementsprechend auch nicht zugehört und geholfen werden. Ab und an verliert sich jeder mal in seiner Gedankenwelt, Gedankengänge verselbstständigen sich, Wünsche, Sorgen, Ideen und Vorstellungen ändern sich auf so einer Reise quasi laufend. Wir können alle keine Gedanken lesen, daher ist es denkbar schlecht, wenn solche neuen Ansätze nicht besprochen werden, sondern nur in der eigenen Welt bestehen bleiben und das verbale Ventil verschlossen bleibt.

Heimlich, still und leise ohne jegliche Andeutung hat Sandro seinen Heimflug gebucht, die Enttäuschung bei Nico und mir war bzw. ist gross und das Vertrauen in Sandro ist kräftig geschmolzen. Wir sind hier, wie unser Name schon sagt, als Trio unterwegs und dem nötigem Vertrauen und dem gegenseitigem Respekt dient so eine Aktion nicht.  Ich-Aktionen sind in einem Team, gerade in einem kleinem Team wie unserem, immer schwierig, gerade wenn es um wichtige Entscheidungen geht sollten die jeweils andern beiden informiert werden. Es ist leider nicht die erste Einzelaktion die einen bitteren Beigeschmack mit sich bringt, bislang haben wir beide Augen kräftig zusammengedrückt und uns mit einem „das wird schon wieder“ erneut aufs Rad geschwungen.

Keiner wird hier gezwungen an unserer Expedition teilzunehmen, Sandro kann gerne sein Tempo erhöhen und sich seinen eigenen Weg nach Brasilien suchen. Jeder von uns hat das Recht abzubrechen, andere Wege zu suchen oder seine Ziel neu zu justieren, aber eine Mitteilung an die restliche Gruppe ist das Mindeste was wir gegenseitig voneinander erwarten können. Nico und ich haben diese Reise 2 Jahre im Vorfeld geplant und organisiert und wir liegen ausserordentlich gut in unserem Zeitplan, bislang sind wir gut mit den Jahreszeiten in den verschiedenen Ländern zurechtgekommen und unser Konzept geht weiterhin voll auf. Eventuell war es unser Fehler Sandro in diese Planung nich weiter einzubeziehen, aber er hatte leider nicht die erforderliche Zeit aufbringen können bzw. schenkte uns dankbar sein Vertrauen und über lies das Organisatorische gerne uns.

Inzwischen sind wir also an einem Punkt angelangt, wo wir ernsthaft überlegen, ob wir weiter zusammen fahren sollten, gerade der Freundschaft wegen. Keine Reise ist es wert eine Freundschaft zu opfern und bevor wir hier übereinander herfallen ist es besser die Reissleine zu ziehen und das Trio in ein Duo umzuwandeln, da sind wir alle einer Meinung. Die Gemeinschaftskasse wurde bereits aufgelöst, es wird z.T. getrennt gekocht und eingekauft, für Aussenstehende muss das sehr bizarr aussehen und uns in einem seltsamen Licht erscheinen lassen, gerade wenn wir unser gemeinsame Trio-for-Rio-Geschichte erzählt haben. Eigentlich fühlt sich das an wie eine Scheidung auf Raten, nur noch der gemeinsame Haushalt, in unserem Fall die gemeinsamen Zeltplätze bzw. die Übernachtungen und die grobe Richtung haben eine Gemeinsamkeit. Sandro entscheidet für sich, Nico und ich entscheiden für uns.

Sandro’s Vorschlag, dass wir noch solange zusammenfahren wie es geht und uns dann endgültig für verschiedene Routen bzw. für verschiedene zeitliche Rahmen entscheiden wurde daher von Nico und mir angenommen und akzeptiert. Wir sind die Letzten die jemanden „vor die Tür setzen“, aber was tun wenn kein Gespräch Früchte trägt und kein gemeinsamer Nenner gefunden wird?

Diesen Zeilen haben wir bewusst in einer guten Phase geschrieben und nicht am absoluten Nullpunkt der Wut oder der Enttäuschung, damit wir den Prozess beschreiben bzw. die eventuelle Trennung nicht den Anschein einer spontanen Kurzschlussreaktion hat. Klar hätten wir auch weiterhin „Friede, Freude, Eierkuchen“ – Stimmung vermitteln können, aber bislang haben wir nur Tatsachenberichte online gestellt, das diese auch mal negativ behaftet sein können liegt auf der Hand.

Wir arbeiten weiter an uns, den Traum vom gemeinsamen Einlauf in Rio haben wir jedenfalls noch lange nicht begraben und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Es ist die Reise unseres Lebens, diese Reise ist zu schade um schnell abgehackt zu werden, wir wollen links und rechts des Weges Ausschau halten und nach neuen, interessanten Menschen, Kulturen, Abenteuern und anderen kleinen und grossen Dingen unsere Fühler ausstrecken, Schnelligkeit spielt hier eine eher untergeordnete Rolle. Wir werden jedenfalls Sandro nicht im Wege stehen, das wäre nicht fair, falls er sich für eine individuelle weiterreise entscheidet, diese Entscheidung liegt alleine bei ihm. Andererseits sind wir es Leid um Sandro’s Launen herumzutanzen, angeschwiegen zu werden  und vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.

Zum Streit gehören immer mindestens 2 Parteien, auch Nico und ich haben unser Eigenheiten und sind nicht immer pflegeleicht, aber bislang haben wir über die Kommunikation immer einen, für alle, akzeptablen Weg gefunden. Klar, müssen unser Verhalten auch hinterfragen und Sandro Sichtweise einnehmen.

Die letzten 9 Monate und die gemeinsamen circa 15.500Km sind unvergesslich, wir haben zusammen gelacht, geschwitzt, Länder erobert, zusammen Berge erklommen, Täler durchquert und hatten jede Menge Spass. Wir werden keine „schmutzige Wäsche waschen“ und keine weiteren Kommentare abgeben, öffentlich Onlineattacken sind das Letzte was wir wollen.

Unsere Freundschaft ist gute 13 Jahre alt und unter normalen Umständen stabil. Vielleicht haben wir uns mit dieser Reise einfach psychisch und physisch zufiel zugemutet und stossen an unsere Grenzen. Um in München um die Häuser zu ziehen oder für einen 4 Wochen Abenteuerurlaub sind wir optimal für einander geschaffen.

Egal ob es als Trio oder als Duo weitergeht, unseren 14-tägigen Bericht und die Bilder auf trioforrio.com und auf Facebook werden Nico und ich natürlich, wie gehabt, weiter für Euch schreiben bzw. hochladen. Wie gesagt handelt es sich hierbei um einen Sonderbericht bzw. einen Zwischenbericht, den normalen Bericht zu Guatemala, El Salvador und Honduras sollten wir nächste Woche fertig haben.

Wir danken für Euer Verständnis. Jetzt liegt es also an uns dreien, zu sehen wie es weitergeht.

Viele Wege führen bekanntlich nach Rom…bzw. Rio. Danke.

Ps: Dieser Bericht wurde von Nico, Julian und Sandro abgesegnet.

Sonnige Grüße aus El Salvador,

Julian, Nico und Sandro.